05 Februar 2007

Mit Polizeischikanen gegen die Demokratie

Die Vertreter der Initiative "Rettet den Volksentscheid!" ziehen zu zweit durch die Stadt und sammeln Unterschriften. Man kannn von der Initiative halten, was man will, aber sie nehmen ein elementares Bürgerrecht wahr. So weit so gut.

Die Polizei schickt daraufhin Schikanetrupps diesen Unterschriftensammlern hinterher, und umringt die Unterschriftensammler mit Polizeibeamten. Mit dem Effekt und vielleicht auch der Absicht, dass damit verhindert wird, dass sich andere Bürger mit diesen Unterschriftensammlern unterhalten oder eine Unterschrift eintragen.

Ich habe mir das mal näher anschauen wollen, und voila!: Es handelt sich um eine höchst eifrige, möglicherweise sogar systematische, jedenfalls polizeistaatliche Rechtsbeugung. Ich hörte, wie die beiden Polizisten einem Unterschriftensammler sagten, dass er sich (als Einzelner!) in einer "verbotenen Versammlung" befände. Er hätte somit zu verschwinden. Denn schließlich ergäben zwei Polizisten und ein Unterschriftensammler eine verbotene, weil unangemeldete Versammlung von drei Personen.

Das hat dieser Schweinepriester von einem Polizisten tatsächlich gesagt!

Hier schritt ich ein und appellierte an das Gewissen des Polizeimannes. Ich sagte ihm, dass er das doch nicht machen könne. Als Polizist hat er die Demokratie zu verteidigen und nicht zu schikanieren. Er hat auch kein Recht zu beugen. Ob er sein Vorgehen mit seinem Gewissen vereinbaren könne.

Der Polizist versuchte ruhig zu antworten, reagierte aber sichtlich getroffen. Er bellte, dass meine Kopfbedeckung trotz des kalten Wetters "verboten" sei, denn ich würde mich damit innerhalb einer verbotenen Versammlung "vermummen". Ich erwiderte, dass ich garnicht Teil der Versammlung sei und wiederholte meine Frage, ob er als Polizist sein ausgesprochen rechtswidriges Vorgehen mit seinem Gewissen vereinbaren könne. Der rechtsbrechende Polizist erwiderte, dass sein Gewissen seine Privatsache sei. Ich insistierte, dass jeder Mensch, der über ein echtes Gewissen verfügt, bereit sein muss, sich ermahnen zu lassen. Wer sein Gewissen nur nan seinem persönlichen Gutdünken ausrichtet und nicht bereit ist, eine ernsthafte Ermahnung ernsthaft zu überprüfen, der handelt in Wahrheit gewissenlos. Als Polizist ist es seine Aufgabe, die Demokratie zu verteidigen. Darauf hat er einen Eid geschworen. Ich fragte ihn erneut, ob er es mit seinem persönlichen Gewissen vereinbaren könne, dass er gerade die Wahrnehmung demokratischer Rechte in rechtsbeugender Weise zu schikanieren versucht.

Von den beiden Polizisten des Demokratiebekämpfungskommandos floh der erste. Der andere, bekam eine deutlich wahrnehmbare rote Gesichtsfarbe. Ich setzte nach: Schämen Sie sich denn überhaupt nicht? Der zweite Polizist stand jetzt allein mit mir und sage, dass ihm das Gespräch "zu bunt" sei. Ich fragte nach, wie er das meint. "Das Gespräch ist mir zu primitiv", sprach er. Ich erwiderte, der einzige, der hier erkennbar primitiv sei, das sei er selbst.

Die Gesichtsfarbe des Polizisten wurde dunkelrot. Er schaute Hilfe suchend, ob sein Kollege in der Nähe war. Leider nein. Dann flüchtete dieser Polizist, stieg in die Polizeiwanne, und - vermutlich - berichtete er seinen dort wartenden Kollegen, was ihm furchtbar Böses widerfahren ist. Wie auch immer, die beiden Unterschriftensammler kamen wieder mit den Bürgern ins Gespräch, neue Unterschriften wurden in die Listen eingetragen.

Tatort: Hamburg
Politisch Verantwortlicher: Ole von Beust

Es klingt in dieser Erzählung vielleicht unbeholfen und etwas komisch. Aber es ist so: Wer die Polizei gezielt einsetzt, um die Ausübung demokratischer Rechte zu verhindern, der handelt wie ein Faschist. Das ist keine kleine Sache.

Wenn sich herausstellen sollte, dass diese merkwürdigen und überaus speziellen hamburger Polizeikommandos auf Anregung bzw. Veranlassung durch die politischen Führung die Unterschriftensammler gezielt schikaniert haben, dann sollte es gerichtsfest zulässig sein, den für derartige Aktionen politisch Verantwortlichen Ole Freiherr von Beust, den die Unterschriftensammlungen offenbar auf das Äußerste ärgern, sogar einen "Faschisten mit bürgerlicher Fassade" zu nennen. Jedenfalls handelt es sich um dies:

Ekelhaft demokratiefeindselige Herrenreitermethoden.

14 Comments:

At 05 Februar, 2007 20:52, Blogger Tony said...

In diesem Fall kann ich nur dringend empfehlen, mach das publik. Das Blog hier ist ein guter Anfang.

Außerdem:

- Zeitungen, wobei sich wohl nur TAZ und evtl. Junge Welt dafür interessieren werden

- Schreib eine Anfrage hier: www.abgeordnetenwatch.de/hamburg-917-0.html

- Melde Dich bei der Bürgerinitiative

Falls Dir noch mehr einfällt: Nur zu!

Und überhaupt:
Mache das ganze in einer Partei Deiner Wahl publik.

 
At 05 Februar, 2007 21:35, Blogger John Dean said...

Ich überlege gerade den "Schutzbund Demokratie e.V." zu gründen. Ich überlege darüber hinaus, ob es eine gute Idee bzw. sinnvolle Utopie wäre, ein gleich ein ganzes Netzwerk wehrhafter linksliberaler Organisationen zu gründen:


1. SD Hamburg: "Schutzbund Demokratie e.V. - Hamburg"

2. VWVWBW: "Verein für Wettbewerbsrecht und fairen WEttbewerb in der Deutschen Wirtschaft e.V.

Das wäre der Abmahnverein, welcher Abmahnungen zum Zwecke politischer bzw. soziale Hygiene einsetzt. Der Spieß wird umgekehrt. Auch: Zur Netzwerk-Finanzierung.

3. BLLU: "Bundesverband linksliberaler Unternehmer"

4. "Linksliberale Militanz Hamburg"
Eine der Untergruppen: "Rache des Prekariats" Motto: Angriff!

Das wäre ein Verein, welcher militante bzw. wehrhafte Aktionen organisiert. Beispielsweise Saalschutz oder gezielter demokratischer Widerstand bzw. Ungehorsam gegen polizeiliche Schikanekommandos usw.usf.

Dazu kommt als zweites Standbein die regelmäßige Verwirklichung von Parties durch die "linksliberale Militanz Hamburg", auch, um finanzielle Mittel zu erhalten. Mit diesen Mitteln sollen z.B. Blogger und andere unterstützt werden, die für eine demokratische Bürgergesellschaft stehen, denen mit dem Mittel von Abmahnungen (i.d.R. durch den Abschaum des Anwaltsberufes: Abmahnanwälte) die Meinungsfreiheit genommen werden soll.

Empowering Democracy!

Unabhängig von diesen zugegeben utopischen und nicht gerade einfach umzusetzenden Überlegungen, werde ich mich, beginnend diese Woche, aktiv an der der Volksinitiative "Rettet den Volksentscheid" beteiligen.

Ich hab die Faxen dicke.

Auf Arbeit habe ich heute zwei knüppelharte Geschichten gehört, u.a. über einen Arbeitgeberarschloch mit einer Firma namens "BSS", die mich endgültig davon überzeugt haben, dass der Begriff "wehrhafte Demokratie" mit Leben zu erfüllen ist.

Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn nicht hier? Wer, wenn nicht wir?

 
At 05 Februar, 2007 23:16, Blogger Stefan Sasse said...

Ich kann nur zustimmen. Wehret den Anfängen!
Ach übrigens - danke für die Aufnahme in die Blogroll, aber du hast meinen Namen falsch geschrieben ;) Oeffinger, nicht Öfferdinger.

 
At 06 Februar, 2007 01:10, Anonymous Anonym said...

Faschist ist das meist missbrauchte Wort unserer Zeit. Der inflationäre Gebrauch dieses Wortes (schließt Faschismus ein) lenkt ab von der Bennenung eines wirklichen linken oder rechten Faschismus.

Welche Steigerungsformen bleiben denn übrig?

 
At 06 Februar, 2007 15:25, Anonymous Anonym said...

Das traurige ist, dass das skandalöse Verhalten der Hamburger CDU, dessen Auswirkungen dann z.B. so aussehen, bei den feinen Hanseaten zu weiten Teilen nur auf Desinteresse oder sogar Beifall stösst. Man beklatscht die "wachsende Stadt" und die Kommerzialisierung, strömt in neue Einkaufszentren, und wählt die gute CDU. ist das die "Neue Bürgerlichkeit"? Frustration über ex-rotgrün? Schills Nachhall?
Der CDU allein kann man garnicht den Vorwurf machen. jeder müsste wissen, was die vertritt, jeder kennt die Geschichten, das seltsame Verhältnis zu direkter Demokratie und Bürger-Partizipation, die Markt-Vergötterung, den Neokonservatismus. Aber niemanden juckts.

Es kungeln ja gerade auch Grüne und CDU in Altona miteinander. Von all dem, was Hamburg mal anders und attraktiv erscheinen liess, sind eigentlich nur noch Klischees, leere Kulissen, und paar verklärte Erinnerungen übrig. Viele kreative Köpfe sind hier in letzter Zeit weggeangen, nach Berlin, ins Ausland, hauptsache, raus aus dem Muff.

Ich finde toll, wie du deine Meinung so entschlossen vertreten hast, und mutig, ich weiss nicht, ob ich das auch gemacht hätte. Resignation.

 
At 07 Februar, 2007 12:16, Anonymous Anonym said...

Ein mir bekannter Kripo-Beamter, der innerlich schon längst gekündigt hat und die Tage (ca. 1500) bis zu seiner Pensionierung zählt, hat mir neulich berichtet, daß die Polizei in Hessen neuerdings Nachwuchsprobleme habe. Das habe es in den über 30 Jahren, die er Polizist sei, noch nie gegeben.
Ich fragte ihn, ob das nun bedeute, daß künftig jeder genommen werde.
Er sah mich schweigend an.

Offenbar muss es so sein. Und nicht nur in Hessen.

Eine ganz neue Form des Prekariats kann man da kennenlernen: das in Uniform.

Wird langsam Zeit, dieses gastliche Land zu verlassen.

Grüße vom 'anonymen Brüller'.

 
At 08 Februar, 2007 20:33, Anonymous Anonym said...

Zieh einem Deutschen eine Uniform an ... ;-)

 
At 09 Februar, 2007 12:27, Anonymous Anonym said...

Jaja, die Hamburger. Sie sind tatsächlich recht desinteressiert. Allerdings kommt das nicht unbedingt nur aus Frust, sondern viel mehr werden die Hamburger fröhlich durch die Presse auf den Spaß-EB Beust eingenordet.

Die meistgelesenen Zeitungen kommen alle aus einem Verlag und der freut sich, kann er doch endlich für "seinen Senat" schreiben. Hein Blöde-Normalverbraucher schluckt es dann, wenn der EB grinsend neben kleinen Kindern auf der Schulbank hockt oder sagt, dass er "auch bei Aldi" einkaufe. (Wenn es unangenehm wird für den Mann, dann erscheint er seltsamerweise nicht auf der Bühne, sondern schickt für gewöhnlich einen anderen Senator vor, resp. empört sich lautstark und verschwindet von der Bühne...- Etwas, was in den entsprechenden Blättern kaum zu finden ist.) Und wenn man tagein, tagaus erzählt bekommt, wie toll der Senat ist, kombiniert mit einer anerzogen unkritischen Haltung, dann übersieht man eben auch mal solche Rechtsbrüche und offen praktizierte Vetternwirtschaft bzw. Verfilzung.

Dafür haben wir dann ja den schönen Jungfernstieg und andere "Leuchttürme". *seufz*

 
At 09 Februar, 2007 17:25, Anonymous Anonym said...

Rechtsbeugende Polizisten mit Mitteln der Rhetorik vertrieben. Respekt, Herr Dean. Sie haben das Recht, sich ein wenig feiern zu lassen. Auch in Berlin ist das Polizeiaufgebot bei eigentlich harmlosen und kleinen Veranstaltungen manchmal erschreckend. Motto: 12 Demonstranten, 20 Polizisten. Ein klein wenig Kritik noch: Es heisst Ole Beust. Den Adel (wenn auch nicht den Geld-Adel)haben wir doch abgeschafft, oder?

 
At 14 Februar, 2007 12:03, Blogger Tony said...

Sag mal, wo in Hamburg war das denn genau?

 
At 16 Februar, 2007 20:30, Anonymous Anonym said...

manueller Trackback

 
At 25 Februar, 2007 00:08, Anonymous Anonym said...

ich wollte beim Lesen nicht wirklich glauben, was da stand! Das ganze soll sich wirklich in Hamburg (Deutschland) zugetragen haben?

Meinen Respekt hast du auf jeden Fall!

 
At 03 März, 2007 17:39, Anonymous Anonym said...

War zwar nicht die Polizei, aber sicherlich auch interessant:
Mehr als 15.000 Briefwahlanträge beim Landeswahlamt verschwunden!
http://www.initiativenzeitung.org/nachricht/meldung/mehr-als-15000-briefwahlantraege-beim-landeswahlamt-verschwunden/

Übersicht:

Anträge, gezählt auf www.rettet-den-volksentscheid.de bis 20.2.2007: 17.950

Anträge, gezählt im Mehr Demokratie Büro und vom Landeswahlamt quittiert bis 20.2.2007: 24.446

Anträge, die bis 12.2.2007 direkt im Landeswahlamt eingegangen sind: 16.132

Schätzung der direkten Eingänge im Landeswahlamt vom 12.2. bis 20.2.2007: 7.200

Gesamtzahl bis 20.2.2007 von Mehr Demokratie e.V. gezählt: 65.728

Gesamtzahl bis 20.2.2007 vom Landeswahlamt angegeben: 50.000



Differenz 15.728

 
At 07 Juli, 2007 17:14, Blogger Don Pepone said...

Ich werde irgendwie das Gefühl nicht los, daß nicht nur hinter dem Vorfall den Herr Dean erleben durfte Methode steckt. Eine Methode, die heute erst langsam und zögerlich, doch eines Tages gewaltig wie eine Lawine über uns herein brechen wird.... vielleicht bin ich aber auch nur Pessimist... :-)

 

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